KOMMUNISTISCHE PARTEI ÖSTERREICHS

Predigt von Kaplan Franz Sieder bei den Friedensgottesdiensten am 15. / 16. Februar 2003 in Amstetten

Liebe Freundinnen! Liebe Freunde!

Heute hat es auf der ganzen Welt Demonstrationen gegen den Irakkrieg

gegeben. Ich möchte jetzt bewusst versuchen, diese momentane weltpolitische

Situation mit den Augen des Glaubens anzuschauen und zu deuten. Jesus hat

den Menschen von damals zugerufen - so haben wir es im Evangelium gehört:

Ihr Heuchler, das Wetter wisst ihr zu deuten, warum deutet ihr nicht die

Zeichen der Zeit. Jesus möchte, dass wir die politische Wirklichkeit von

heute im Licht des Evangeliums deuten. Da wird uns vom amerikanischen

Präsidenten Bush gesagt, dass es im Irak einen bösen Diktator, namens Saddam

Hussein gibt, der sein eigenes Volk unterdrückt und der durch seine

angeblichen Massenvernichtungswaffen eine Gefahr für die ganze Menschheit

bedeutet. Saddam Hussein ist zweifellos ein böser Diktator - er hat das

Leben von tausenden Kurdinnen und Kurden auf seinem Gewissen, die er einfach

abschlachten ließ. Ob er Massenvernichtungswaffen hat, das muss mehr als

bezweifelt werden. Atombomben hat er ganz sicher nicht. Eine Tatsache ist,

dass das irakische Volk in den letzten zehn Jahren sehr gelitten hat durch

die Wirtschaftssanktionen, die ihm nach dem Golfkrieg durch die UNO

auferlegt wurden. ExpertInnen sagen, dass diese Sanktionen im Irak einer

Million Menschen das Leben gekostet hat - vor allem sind in den letzten

Jahren im Irak viele Kinder verhungert. Diesem leidgeprüften Volk möchte nun

Präsident Bush den Krieg erklären. Er möchte mit den Bomben, die über dem

Irak abgeworfen werden, mindestens noch eine weitere Million Menschen töten.

Es ist offensichtlich, dass es nicht die erste und entscheidende Absicht von

Präsident Bush ist, aus dem Irak ein demokratisches Land zu machen und die

Menschen von einem bösen Diktator zu befreien. Seine wahre Absicht ist eine

andere. Präsident Bush ist von der Habsucht getrieben. Er weiß, dass der

Irak das zweitreichste Ölland der Welt ist. Er möchte billiges Öl haben und

so den Irak zu einer Art US-amerikanisches Protektorat machen. Wenn der Irak

kein Öl hätte, dann wäre ihm der Diktator Saddam Hussein völlig egal. Das

ist der Grund, warum die USA den Krieg im Irak wollen. Der zweite Grund ist

zweifellos die Rüstungslobby. Mit der Rüstungslobby kann man viel Geld

machen und mit der Rüstungsindustrie wird auch die Wirtschaft wieder

angekurbelt. Die Rüstungsindustrie und überhaupt die ganze Wirtschaft ist

wie ein goldenes Kalb, das angebetet wird. Als es vor einem Jahr in den USA

darum ging, das sogenannte Kyoto-Abkommen zu ratifizieren, da hat Präsident

Bush gesagt: "Ich werde nie etwas tun, was der Wirtschaft schadet." Bei

diesem Abkommen ging es darum, den Ausstoß von Kohlendioxyd zu reduzieren,

damit die ökologische Zerstörung unserer Welt eingebremst wird. Präsident

Bush führt sehr oft das Wort Gott in seinem Mund. Er hat sogar nach dem 11.

September gesagt, dass Gott möchte, dass sie jetzt Rache üben. Gott will

aber von Herrn Bush weder, dass er Rache übt, noch dass er die Wirtschaft

anbetet, der es sehr offensichtlich nur um die Gewinnmaximierung geht und

nicht um den Menschen. Die Wirtschaft ist in sich nichts Schlechtes, aber

die Aufgabe der Wirtschaft ist es, dem Menschen zu dienen und nicht

umgekehrt. Die Rüstungsindustrie ist für mich schon in sich etwas

Schlechtes, weil hier die sogenannten Massenvernichtungswaffen produziert

werden. Es ist eine riesige Industrie, deren Ziel nur das Töten von Menschen

ist. Wenn die Gelder, die in die Rüstungsindustrie fließen für die

Bekämpfung des Hungers in der Welt verwendet würden, dann gäbe es keine

hungernden Menschen mehr auf der Welt. Rüstung tötet auch ohne Krieg. Jesus

hat der Habsucht und der militärischen Gewalt eine klare Absage erteilt. Er

sagte: Du kannst nicht zugleich Gott dienen und dem Mammon. Ich bin

überzeugt, dass Präsident Bush nur dem Mammon dient - auch wenn er sich mit

einem religiösen Flair umgeben möchte und so tut, als ob es ihm nur darum

geht, ein Volk von einem bösen Diktator zu befreien. Jesus hat die Pharisäer

demaskiert und ihre Verlogenheit aufgedeckt. Es ist auch unsere Aufgabe dem

Herrn Bush zu demaskieren und seine Verlogenheit offenzulegen. Für mich ist

es auch verlogen, wenn einer einen anderen anprangert, weil er

Massenvernichtungsmittel besitzen soll - er empfindet es aber als eine

Selbstverständlichkeit, dass er die meisten Massenvernichtungsmittel der

Welt hat.

Ich bin für Abrüstung und ich bin dafür, dass kein Land der Welt

Massenvernichtungswaffen haben soll - es entbehrt aber jeglicher Logik, dass

es für den Irak verboten ist, Massenvernichtungswaffen zu haben - aber für

die USA und England ist das selbstverständlich erlaubt.

Nach dem Völkerrecht wäre ein Krieg in zwei Fällen erlaubt. Der erste Fall

ist, dass sich ein Staat verteidigen darf, wenn er angegriffen wird und der

zweite Fall heißt: Der UN-Sicherheitsrat kann eine Ermächtigung zur

Kriegsführung aussprechen, um den Weltfrieden und die internationale

Sicherheit zu wahren oder wiederherzustellen. Nach diesen Grundsätzen wäre

der drohende Irakkrieg ein eindeutiger Verstoß gegen das Völkerrecht. Das

Völkerrecht ist aber nicht die ethische Maxime für uns Christinnen und

Christen. Die christliche Soziallehre sagt uns sehr deutlich, dass heute ein

Krieg kein Mittel mehr sein kann, um Konflikte zu lösen. Die

Zerstörungskraft der Waffen ist so gewaltig geworden, dass ein Krieg

unkontrollierbar geworden ist und jederzeit einen Flächenbrand auslösen

kann, der Millionen von Menschen das Leben kostet. Die Welt muss lernen,

Konflikte anders zu lösen als mit Krieg. Der große Theologe und

Religionsphilosoph Martin Buber sagt: "Der Krieg hat von je einen Widerpart,

der fast nie als solcher hervortritt, aber in der Stille sein Werk tut: Die

Sprache - die erfüllte Sprache - die Sprache des echten Gesprächs, in der

Menschen einander verstehen und sich miteinander verständigen. Es liegt im

Wesen des primitiven Krieges, dass er jeweils da beginnt, wo die Sprache

aufhört." Die Sprache des Herrn Bush ist nur die Sprache der Waffen und

diese Sprache ist ganz und gar gegen den Geist des Evangeliums. Jesus hat zu

Petrus gesagt: "Stecke Dein Schwert in die Scheide." Jesus hat uns sogar

aufgefordert zur Feindesliebe. Unter Feindesliebe hat Jesus nicht

verstanden, dass ich meine Feinde gern haben muss - das geht ja auch gar

nicht, weil ich ja meine Gefühle nicht vergewaltigen kann. Die Feinde zu

lieben heißt aber, dass ich einen grundsätzlichen Respekt vor jedem Menschen

habe - dass ich ihn / sie als Menschen achte und auf keinen Fall das Recht

habe, ihn / sie zu töten. Wirklicher Friede ist erst dann möglich, wenn ich

nicht nur eine Sensibilität habe für die Leiden des eigenen Volkes, sondern

auch für die Leiden des Feindes. Solange die Israelis und PalästinenserInnen

gegenseitig nur auf Rache und Zerstörung aus sind - drehen sie die Spirale

der Gewalt nur weiter und ein wirklicher, dauerhafter Friede wird nicht

möglich sein. Wirklicher dauerhafter Friede ist auch nur möglich auf der

Basis der Gerechtigkeit. Es gibt viele Unruheherde auf der Welt, weil

ungerechte Zustände herrschen - weil oft eine kleine Minderheit von Reichen

glaubt, dass sie sich alles unter den Nagel reißen kann, während Millionen

von Menschen zum Dahinvegetieren verurteilt sind. Auch der sogenannte

Terrorismus ist nicht ein Teorrorismus aus reiner Willkür, sondern meistens

wollten die Terroristen durch ihre terroristischen Handlungen auf ungerechte

Zustände aufmerksam machen. Friede kann dann nicht die sogenannte "Pax

americana" schaffen - wenn die USA mit ihrer militärischen Dampfwalze

drüberfährt, - ein dauerhafter Friede kann nur ein Werk der Gerechtigkeit

sein. Der Friedensbegriff aus dem Geist des Evangeliums ist eine

fortschreitende Realisierung der demokratischen und sozialen Grundrechte

aller Menschen. Die Kirche war in ihrer 2000jährigen Geschichte in ihrem

Handeln nicht immer auf dem Boden der Friedensgesinnung Christi. Der Papst

hat aber zur Jahrtausendwende auch diesbezüglich ein Schuldbekenntnis

abgelegt und der alte und kranke Papst hat auch jetzt zum drohenden

Irakkrieg sehr klare und mutige Worte gefunden. Er hat aufgerufen, dass die

Fackeln der Gewalt gelöscht werden sollen und dass der Krieg nie wieder ein

Mittel für Konfliktlösung sein darf. Ich würde mir wünschen, dass in diesen

Tagen alle Bischöfe den selben Mut zeigen wie Papst Johannes Paul II.

Bei den Demonstrationen wurden heute auf der ganzen Welt Transparente

getragen, wo es heißt: "Stoppt den Krieg!" Die meisten Menschen auf unserer

Welt sind gegen diesen Krieg. Warum erheben wir uns so zaghaft? Warum ist

unser Protest oft nur ein halbherziger Protest? Warum sind so viele, die

zwar innerlich gegen den Krieg sind, nach außen nur Zuschauerinnen und

Zuschauer im Weltgeschehen? Warum wurde auch damals dem Hitler nicht mehr

Widerstand geleistet? Papst Johannes Paul II. hat in Auschwitz gesagt: "Für

den Krieg sind nicht nur die verantwortlich, die ihn unmittelbar

hervorrufen, sondern auch die, die die nicht alles, was in ihrer Macht

steht, tun, um ihn zu verhindern." Und von Albert Einstein stammt der Satz:

"Die Welt wird nicht bedroht von denen, die böse sind, sondern von denen,

die das Böse zulassen."

Wenn wir jetzt einen Friedensgottesdienst feiern und anschließend noch zu

einer Friedenskundgebung auf den Hauptplatz gehen, dann ist das einerseits

eine Bitte an Gott, dass er uns hilft, diesen drohenden Krieg abzuwenden.

Der Gottesdienst und die Kundgebung ist aber auch unser Protest gegen den

Krieg - er ist unser Nein zum Krieg und unsere Bereitschaft, dass wir mit

unseren bescheidenen Möglichkeiten Friedenstifterinnen und Friedensstifter

sein möchten.

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