KOMMUNISTISCHE PARTEI ÖSTERREICHS

Für einen souveränen palästinensischen Staat - Gegen Ethnizismus und neue Kolonialpolitik im Nahen Osten


Für ein sofortiges Ende der israelischen Besatzung


Der Amoklauf der israelischen Armee in den palästinensischen Gebieten muss gestoppt werden. Wir fordern den sofortigen Rückzug der israelischen Armee und das Ende der Besetzung. Wir verurteilen auch die palästinensischen Selbstmordattentate, aber die Wurzel des palästinensischen Aufstandes liegt in der strukturellen Gewalt der israelischen Besatzungspolitik. Millionen von Palästinensern wurden zu Flüchtlingen gemacht, die unter katastrophalen Bedingungen seit Jahrzehnten in Flüchtlingslagern hausen. Jene, die sich nicht verteiben ließen, leben unter dem Stiefel der israelischen Besatzungsmacht. Die seit 1967 von Israel besetzten Gebiete sind - so linke Abgeordnete in der Knesset - "Ghettoland". Mittlerweile wurden 200.000 israelische Siedler in den besetzten Gebieten angesiedelt. Das ist nicht nur ein klarer Verstoß gegen internationales Völkerrecht, das die Besiedelung und Konfiszierung besetzter Territorien untersagt. Diese Besiedlung zerschneidet auch das soziale Leben: den 200. 000 Siedlern stehen rund 3 Millionen Palästinenser gegenüber. Diese 7 Prozent Siedler verfügen 75 Prozent der knappsten und kostbarsten Ressource in der Region - Wasser. Die Palästinenser leben auf engstem Raum zusammengepfercht, besonders drastisch im Gaza-Streifen. 7.000 Siedler (=0,7%) verfügen dort über 30 bis 40 Prozent des Territoriums, eine Millionen Palästinenser lebt auf dem Rest. Die israelischen Siedlungen sind so gestaltet, dass die palästinensischen Gebiete kreuz und quer durchschnitten werden. Den Palästinensern bleiben von Militär umzingelte "Bantustans", die für sich nicht lebensfähig sind. Zwei Drittel der Palästinenser leben unter der Armutsgrenze. Insgesamt kontrollieren die Palästinenser trotz Autonomiestatut nur rund 18 Prozent der besetzten Territorien und auch hier beschränkt sich die Kontrolle auf die "Erdoberfläche", d. h. es gibt kein Verfügungsrecht über die Bodenschätze und den Luftraum. Diese expanisve Siedlungspolitik wird von oben gemacht. 80 % der Siedler sind ökonomische Siedler, d. h. sie gehen in die besetzten Gebiete, weil ihnen dort von der Regierung günstiger Wohnraum geboten wird.


Friedliche Lösung erfordert Zweistaatlichkeit

Die Lösung des Israel-Palästina-Konflikts besteht angesichts der derzeitigen Eskalation nur mehr in der Zweitstaatlichkeit:

* Rückzug der israelischen Armee gemäß der UNO-Resolution 242 auf das Gebiet vor 1967
* Errichtung eines souveränen palästinensischen Staates auf dem Gebiet des Westjordanlandes bzw. Gazastreifens mit Ostjerusalem als der Hauptstadt (mit einer gemeinsamen Verwaltung der heiligen Stätten)
* Rückzug der israelischen Siedlungen bzw. Landtausch
* Anerkennung des Unrechts an den palästinensischen Flüchtlingen, Rückkehr bzw. Entschädigung
* Internationale Wirtschaftshilfe für die Errichtung eines palästinensischen Staates und die humane Lösung der Flüchtlingsfrage
* Stopp der Waffenexporte in die Nahost-Region und großzügige internationale Wirtschaftshilfe zum Aufbau der wirtschaftlichen und sozialen Infrastrukturen.


Westliche Großmachtsinteressen im Nahen Osten


So sehr wir die Politik der Regierung Scharon ablehnen, so sehr müssen wir auch sehen, dass die Ursachen Nahost-Konflikts nicht losgelöst von der europäischen und US-amerikanischen Großmachtspolitik betrachtet werden kann. Es war die Erfahrung mit Holocaust und Vernichtungskrieg des deutschen Nationalsozialismus, die der Idee eines eigenständigen jüdischen Staates zum Durchbruch verholfen haben, um den verfolgten Juden eine sichere Heimstatt zu gewähren. Dieses legitime Interesse an einem eigenen Staat wurde jedoch von den europäischen Kolonialmächten von Anfang an für ihre Interessen instrumentalisiert. Der Staat Israel wurde zum "Frontstaat" gegen die arabischen Länder hochgerüstet, um die westlichen Wirtschaftsinteressen in einer der rohstoffreichsten Regionen der Welt gewaltsam abzusichern. Britische und französische Truppen lieferten nicht nur Waffen an Israel, sondern griffen 1956 direkt in die Kämpfe ein, als Ägypten den Suez-Kanal verstaatlichten wollte. Mit dem Niedergang der europäischen Kolonialmächte in der Nachkriegszeit wurde Israel zunehmend zum waffenstarrenden Statthalter der US-Politik zur Sicherung der geostrategischen Kontrolle des Nahen Ostens. Opfer dieser Politik waren und sind sowohl die arabische Bevölkerung, insbesondere die Palästinenser, aber auch die Mehrheit der israelischen Bevölkerung, die die Existenz als Kolonialmacht mit der Militarisierung der israelischen Gesellschaft und der permanenten Gefährdung der eigenen physischen Existenz und der ihres Staates zu bezahlen haben. Nachdem in den 90er Jahren mit dem Friedensprozess von Oslo zunächst Friedenshoffnungen aufgekommen waren, hat sich die Situation in den letzten Jahren wieder dramatisch verschlechtert. Der unmittelbaren Gründe für das Scheitern der Verhandlungen von Camp David und Taba im Jahr 2000 sind umstritten und reich an gegenseitigen Schuldzuweisungen. Tatsache aber ist, dass der Friedensprozess vor allem an der Enttäuschung der Masse der Palästinenser gescheitert ist, für die sich durch den Friedensprozess nichts an der fortgesetzten strukturellen Gewalt in den besetzten Gebieten und der miserablen sozialen Situation geändert hat.


Palästina als nächster "Hinterhof"?


Eine weitere - vielfach unterschätzte - Komponente tritt in den letzten Jahren hinzu: die ehemaligen europäischen Kolonialmächte beginnen über die EU wieder Großmachtsinteressen in der Region anzumelden. Die Nahost-Region liegt im deklarierten Einsatzbogen der EU-Armee, die ab 2003 einsatzbereit sein soll. So wie die US-Politik jahrzehntelang die legitimen Interessen der Juden an einem eigenständigen Staat instrumentalisierte, um die Region politisch zu kontrollieren, so beginnt zunehmend die EU die legitimen Ansprüche der Palästinenser zu instrumentalisieren, um - in Rivialität zur USA - politisch und militärisch in der Erdölregion Nummer 1 Fuß zu fassen. Der Kern des Plans der deutschen Außenministers Fischer zielt darauf ab, EU-Truppen in der Region zu implementieren. Wir lehnen die derzeitige israelische Politik entschieden ab, aber die nun in Deutschland aufflammende Gleichsetzung der israelischen Politik mit den Verbrechen der Nazis, ist unerträglich. Damit wollen die deutschen Eliten den Holocaust relativieren, um wieder freie Hand für die neue Eroberungspläne zu bekommen. Erinnern wir uns: mit der "Auschwitzlüge" (der Gleichsetzung von Hitler und Milosevic) haben Schröder, Fischer und Scharping den Angriffskrieg auf Jugoslawien gerechtfertigt. Heute wird der Balkan in deutschen Medien bereits stolz als "unser Hinterhof" be-zeichnet. Der deutsche Bundeskanzler Schröder hat bereits angedeutet, dass er deutsche Soldaten auch in Palästina sehen möchte. Palästina als nächster "Hinterhof"?


Brandstifter als Feuerwehr?


Der Nahost-Konflikt droht zum Stellvertreterkrieg zwischen US-amerikanischen und EU-europäischen Großmachtsrivalitäten um die erdölreichste Weltregion zu werden. Es ist daher vollkommen absurd, die Lösung des Israel-Palästina-Konflikts den westlichen Großmächten anzuvertrauen. Sie schüren das Feuer, um sich hernach als vorgebliche Feuerwehr ein Mandat für militärische Präsenz zu verschaffen. Die Großmächte haben ein Interesse an der ethnizistischen, d. h. religiös und kulturell verbrämten Zuspitzung des Konflikts. Die Ethnisierung macht eine Konfliktlösung unverhandelbar, sodass die dauerhafte Präsenz der Großmächte als "Sicherheitsgaranten" unverzichtbar erscheint. Der von der EU abgesegnte Plan Deutschlands läuft letztlich darauf ab, auch die Nahost-Region als "Protektorat" unter den Großmächten aufzuteilen. Die Blaupausen dafür existieren bereits in Bosnien, Kosovo, Mazedonien, Afghanistan. Die Instrumentalisierung der UNO für diese neue Form der Kolonialpolitik tritt das Grundanliegen der UNO-Charta nach einer "Gleichberechtigung und Selbstbestimmung der Völker und Nationen" mit Füßen.


Gegen Ethnizismus und neue Kolonialpolitik


Wir treten für eine zweistaatliche Lösung ein, und als friedensbewegte Menschen ist unsere Perspektive ebenso multiethnisch wie antikolonialistisch. Wir unterstützen den Kampf der Palästinenser für das Ende der Besatzung und einen eigenen Staat. Dafür gibt es Verbündete in der israelischen Gesellschaft, selbst innerhalb der Streitkräfte werden Stimmen lauter, die ein Ende der Besatzungspolitik fordern. Wir solidarisieren uns mit jenen Kräften auf beiden Seiten, die die Wurzeln nicht in religiösen und kulturellen Unterschieden, sondern in Armut und Aufrüstung, Unterdrückung und Besetzung sehen. Wir streiten auf der Seite jener, die sich für die friedliche Koexistenz zweier Staaten - Israel und Palästina - einsetzen: als souverän und demokratisch Staaten und nicht als waffenstarrende Statthalter rivalisierender Großmachtinteressen.


Guernica 02/2002 - Zeitung der Friedenswerkstatt Linz

Aus dem Inhalt:

- Naher Osten: öffentliche Manifestation am 17.05
- Antrag der Friedenswerkstatt an die AK OÖ gegen EU-Armee und Sozialabbau
- Somalia: nächstes Kriegsziel?
- EU-Konvent
- Bundeswehr und Bundesheer in Kabul
- EU: Motor des Investitionsschutzabkommens-MAI
- Geschichte des europäischen Kolonialismus
- Nein zur EU-Konferenz am 01.06
- Jürgen Elsässer: Make Love&war. Deutschland führt Krieg.
- US-Atomdoktrin
- u.v.m.

Probeexemplar gratis zu bestellen bei Friedenswerkstatt Linz, Waltherstr 15b, 4020 Linz; Tel.: 0732/771094; Fax : 0732/797391; e-mail: friwe@servus.at; www.friwe.at; Konto: 6274146, BLZ:34777, Raiffeisenbank Perg; Bürozeiten: Mi 16.00 bis 19.00 Uhr, Do 16-19, Fr 14-17;

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