KOMMUNISTISCHE PARTEI ÖSTERREICHS

Interview mit Tamar Gozansky, Abgeordnete der Hadash in der israelischen Knesset, Mitglied der Führung der israelischen KP

Frage: Wie sieht die israelische KP die momentane Lage in Israel und Palästina?

Das wichtigste ist im Moment, die israelische Aggression zu stoppen. Dazu sind weltweite Solidariätsaktionen für die Opfer der Aggression notwendig. Friedensgruppen und Freiwillige sollten nach Palästina kommen und durch ihre Präsenz den politischen Kampf für den Rückzug der israelischen Armee unterstützen. Die Regierungen der EU müssen unter Druck gesetzt werden, konkrete Maßnahmen zu setzen. Israel hat spezielle Beziehungen zur EU, stärkere Handelsbeziehungen als zu den USA. Sie könnten z.B. die Botschafter zurückziehen. Sharon kann zwar nicht ohne Bush agieren, er muß aber auch auf die EU hören.

Frage: Was ist das Ziel Sharons? Auch dieser Krieg stellt ja keine Lösung für Israel dar.


Sharons Ziel ist, die palästinensische Selbstverwaltung zu zerstören, die Okkupation der 1967 besetzten Gebiete irreversibel zu machen. Sharon will keine Siedlung und kein Territorium aufgeben. Als Teil der "Antiterrorallianz" sieht er jetzt die Chance dafür. Er will die nationalen Aspirationen mit der Symbolfigur Arafat zerstören. Verhandlungen mit lokalen Palästinenserführern sind unrealistisch. Das Ziel ist, Israel billige Arbeitskräfte zu sichern auf der Grundlage von "Bantustans", ähnlich wie unter dem Apartheidsystem Südafrikas. Diese Politik Sharons stellt aber auf Dauer Israel selbst in Frage. Ohne einen palästinensischen Staat wird es auch keinen Staat Israel geben. Es gibt zwei Völker, die ein Recht auf ihre Staaten haben. Die israelische KP ist für den palästinensischen Staat mit Jerusalem als Hauptstadt.

Frage: Was geht derzeit in der israelischen Öffentlichkeit vor?

Die Protest- und Friedensbewegungen ist aktiver geworden. Eine große Rolle spielt die Bewegung der Soldaten und Offiziere, die den Einsatz in den besetzten Gebieten verweigern. Sie sagen, "es gibt eine Grenze" (im doppelten Wortsinn). Die Armee ist für den Schutz der Grenzen Israels da. Sie hat aber nichts in den palästinensischen Gebieten zu suchen. Wir wollen an keinem Besatzerregime und an keinen Kriegsverbrechen teilhaben. In dieser Bewegung sind allein 400 Leute, die bereits in den okkupierten Gebieten eingesetzt waren und sie geht auf eine Tradition zurück, die bis 1982 zurückreicht. (Die Invasion Libanons durch die israelische Armee unter Führung Sharons - M.G.). Am 9. Februar demonstrierten 26 Gruppierungen unter der Losung "Die Okkupation tötet uns alle". Am 26.Februar demonstrierten "Peace Now" und die "Koalition für den Frieden". Die Schwäche letzterer ist, daß sie den Rücktritt Sharons und Arafats fordern, also den Agressor mit den Opfern gleichstellen.

Das Ziel unserer Partei und der Friedensgruppen ist der Sturz Sharons, der der Premier der extremen Rechten ist. Es sind auch faschistische Gruppen an der Regierung beteiligt. Durch die Beteiligung der Arbeitspartei an der Regierung gibt es in der Knesset nur 22 von 120 Abgeordneten, die gegen den Krieg auftreten. Das Parlament ist faktisch paralysiert, fast alle großen Medien sind unter dem Einfluß der Regierung. Der Krieg wirkt sich bereits negativ auf die Rechte der Arbeitenden und die demokratischen Freiheiten aus. Es bedarf großen Drucks, um entgegen der nationalistischen Atmosphäre, die derzeit in Israel herrscht, die Arbeitspartei zum verlassen dieser Regierung zu zwingen. Die Selbstmordattentate treffen nicht nur Israelis, sie schaden auch der palästinensischen Sache. Sie sind aber das Ergebnis von 35 Jahren Besatzung.

Frage: Besteht die Gefahr einer Ausweitung des Kriegs?

Dieser Krieg ist ein internationaler, kein rein israelischer-palästinensischer Konflikt. Wenn er nicht gestoppt wird, brennt der ganze Nahe Osten. Das ist für Europa dann nicht einfach ein Krieg weit weg wie in Afghanistan. Wir sind für eine internationale Präsenz von Friedenstruppen der UNO, um die Aggression zu stoppen und weitere zu verhindern.

Danke für das Gespräch.

Das Gespräch wurde am Rande des 5. Parteitags von Rifondazione Comunista am 6. April von Michael Graber in Rimini geführt.

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