KOMMUNISTISCHE PARTEI ÖSTERREICHS
VIII. Treffen des forums von sao paulo, mexiko, d. f., 1. november 1998> Sao Paulo Forum - 1998

Abschlußerklärung



Das VIII. Treffen des Forums von Sao Paulo, das dem Gedenken an den guatemaltekischen Comandante Rolando Morán gewidmet war, tagte unter den Bedingungen der Krise des neoliberalen Modells und der wachsenden Ablehnung gegen die Regierungen und Parteien, die es eingeführt haben und die wieder einmal die Völker für die Konsequenzen zahlen lassen wollen.


Seit 1990 hat das Forum von Sao Paulo vor den Konsequenzen der Politik gewarnt, die in den meisten unserer Länder durchgesetzt wurde. In allen ihren Formen trägt sie den Vorstellungen der wirtschaftlichen Machtblöcke, der transnationalen Unternehmen und der internationalen Institutionen Rechnung, in denen die Interessen des großen Finanzkapitals dominieren. Von jedem der bisherigen sieben Treffen, die das Forum durchgeführt hat - in Sao Paulo, Mexiko-Stadt, Managua, Havanna, Montevideo, San Salvador und Porto Alegre - wie auch von dem, das gegenwärtig erneut in der mexikanischen Hauptstadt tagt, ist neben einer Botschaft der Hoffnung an die Völker auch ein Alarmsignal an die Regierungen und an die Verantwortlichen für die volksfeindlichen Konzeptionen, die in unserer Region und in der Welt angewendet werden, ausgegangen. Wir haben ein Echo bei den Völkern gefunden, die die linken und fortschrittlichen Optionen zunehmend unterstützen.



Die Krise erfaßt den Kontinent



Wie zu erwarten war, verschloß die Rechte ihre Ohren vor den Forderungen der Völker und rühmte sich der "Errungenschaften" des Neoliberalismus. Wir haben die frohlockenden Reden von Präsidenten und Regierenden gehört, die in triumphalistischer Weise, ebenso verantwortungslos wie gefühllos gegen die sozialen Forderungen, den Zusammenbruch jeder alternativen Option zu den vorherrschenden Modellen feierten. Was werden sie uns jetzt sagen? Wem werden sie die Schuld zuschieben, um das zu erklären, was sie selbst als die Jahrhundertkrise, die bedeutendste Krise des Systems anerkennen? Wann werden sie beginnen, dem ganzen Kontinent neue strategische Anpassungspläne aufzuzwingen?


Die Krise, die im Südwesten Asiens begonnen hat, erfaßte unseren Kontinent und droht die Lage der Mehrheit der Lateinamerikaner und Bewohner der Karibik noch mehr zu verschlimmern. Die entwickelten Länder drosseln ihr Wachstum, und breite gesellschaftliche Sektoren dort werden die Folgen erleiden. Aber unsere Region, deren Anteil am Weltbruttoprodukt nur 6,1 Prozent beträgt und die von struktureller Rückständigkeit und Abhängigkeit gekennzeichnet ist, wird den höchsten sozialen Preis zahlen. Die Kluft zwischen Reichen und Armen wird sich noch mehr verbreitern. Vertiefen werden sich auch die sozialen Ungleichheiten nach Geschlecht, ethnischer Zugehörigkeit, Rasse und Alter. Die Folgen für die weibliche Bevölkerung und die Kinder werden noch schwerer sein. Niemals lagen die Grausamkeiten des Neoliberalismus so offen zutage wie jetzt. Niemals war ein radikaler Wandel der leitenden Orientierungen in der Region mehr gerechtfertigt als heute.


Bisher hat eine Orientierung vorgeherrscht, nach der in der Welt eine Logik der neoliberalen Globalisierung waltet. In dieser Logik müssen die Regierungen den transnationalen Unternehmen die besten Wettbewerbsbedingungen schaffen. Wir dagegen glauben an die Logik einer humanisierten Wirtschaft im Dienste der Gesellschaft. Während der Imperialismus danach strebt, daß der wissenschaftliche und technologische Fortschritt zur Verewigung des Status quo führt, sind wir davon überzeugt, daß dieser Fortschritt die Fähigkeit der Menschheit zur Lösung der Probleme zeigt, die ihre Existenz bedrohen. Wir bekräftigen voll und ganz die Aussage der Abschlußerklärung des VII. Treffers des FSP: "Das neoliberale Modell verbindet Entwicklung mit der Bedingung, daß die Eliten mehr Reichtum auf Kosten der wachsenden Armut, der Marginalisierung und der Ausgrenzung eines bedeutenden Teils der Weltbevölkerung anhäufen können. Wir behaupten, daß das höchste Ziel der Entwicklung die Befriedigung der materiellen und geistigen Bedürfnisse des menschlichen Wesens auf der Grundlage sozialer Gerechtigkeit und im Einklang mit der Natur sein muß."


Die Lage in der Welt wird verschlimmert durch die wachsende politische Hegemonie der USA und eine unipolare Situation auf militärischem Gebiet. Dies hat einen wachsenden Interventionismus der USA in verschiedenen Gebieten der Erde ermöglicht, entweder unter Ausnutzung supranationaler Organisationen oder durch direkte eigene Militäraktionen.


Wie das FSP schon bei früheren Treffen zum Ausdruck gebracht hat, zielt die Kritik, die wir an der herrschenden Weltordnung üben, nicht darauf ab, uns von dieser widersprüchlichen, konfliktreichen und sich im Prozeß der Globalisierung befindenden Welt zu isolieren, sondern darauf, die Möglichkeiten und Vorteile, die unsere Epoche für die Entwicklung bietet, zu nutzen. Das wird nur mit integralen, zum Neoliberalismus alternativen Projekten möglich sein, die den breitesten Konsens und das Engagement aller betroffenen sozialen Akteure für ein Vorhaben der regionalen Integration im Dienste der Interessen der Völker hervorbringen können.


Es ist auffällig, daß heute "selbstkritische" Stimmen aus denselben internationalen Organisationen zu hören sind, die für das neoliberale Modell verantwortlich sind und für das Streben der Völker nach einem Leben in Würde kein Empfinden haben. Doch für uns ist klar, daß kein politischer Wille vorhanden ist, substanzielle Veränderungen am Modell vorzunehmen.



Für die Veränderung kämpfen


Uns, den Völkern kommt es zu, für Veränderungen der Weltordnung zu kämpfen, die die inneren Bedingungen in jedem Land grundlegend modifizieren. Soziale Gerechtigkeit und volle Wirksamkeit der Menschenrechte werden nicht Wirklichkeit, wenn wir nicht zu einer Gesellschaft gelangen, die sich das Ziel stellt, die immer breitere Kluft zwischen Reichen und Armen zu beseitigen und die Ungleichheiten nach Geschlecht, Rasse, ethnischer Zugehörigkeit und Lebensalter zu überwinden - eine Utopie, die einige von uns sozialistische und andere postkapitalistische Gesellschaft nennen.


Die neoliberalen Regierungen trachten danach, den Effekt der nach der Börsenkrise angekündigten Anpassungen für sich zu vereinnahmen, indem punktuelle Erleichterungen geschaffen werden, die nur bezwecken, die Durchsetzung von Maßnahmen für eine gerechte Produktion und Verteilung der materiellen und geistigen Reichtümer und die dafür notwendigen strukturellen Veränderungen zu verhindern. Wir können nicht akzeptieren, daß die für die Armut Verantwortlichen uns von der Notwendigkeit erzählen, diese zu beseitigen, während sie den Reichtum verheimlichen, der an dem anderen, immer kleineren Pol der Gesellschaft angehäuft wird. Selbst die Mittelschichten und viele Unternehmer, die nicht mit dem transnationalen Kapital verbunden sind, werden in den Ruin getrieben. Man muß die Verantwortung der Regierungen der Region klarstellen, die, indem sie keine Maßnahmen treffen, um diese Situation umzukehren, in unseren Ländern eine noch schlimmere soziale und politische Krise anheizen und so in der Tat die demokratischen Errungenschaften bedrohen.


Angesichts dieser Realität sind wir völlig sicher, daß es Auswege gibt, die Alternativen zu Ausbeutung, sozialer und geschlechtlicher Ungleichheit, Plünderung des Planeten und wachsender Entwürdigung des Menschen darstellen. Diese Herausforderungen erfordern eine neue Aufwertung des politischen Handelns und der Rolle der politischen Parteien von linken Positionen aus, um sie in die Lage zu versetzen, die Funktion der sozialen Vermittlung demokratisch zu erfüllen und sich in ihrer Regierungstätigkeit mit den Interessen ihrer Nationen und Völker zu identifizieren. Es gibt keine Demokratie ohne Politik, ohne Parteien, ohne Gewerkschaften und organisierte soziale Bewegungen.


Unter den gegenwärtigen Bedingungen der kapitalistischen Globalisierung verringert die Macht der Transnationalen Unternehmen die Rolle der Regierungen bei der Kontrolle der Kapitalbewegungen (die sich durch die Informatik schwindelerregend beschleunigt haben) und bei der Lenkung der ökonomischen und sozialen Politik.


Wir akzeptieren keine Weltordnung, die nicht in der Lage ist, das Überleben der Menschheit unter würdigen Bedingungen zu garantieren. In den komplizierten und unerforschten Prozessen unserer Zeit bemüht sich die Linke Lateinamerikas und der Karibik, die im Forum von Sao Paulo vereint ist - einem antiimperialistischen, antineoliberalen und pluralistischen Forum der Begegnung, Aktion, Solidarität und der Formulierung programmatischer Alternativen und Kampfweisen -, die neuen Bedingungen in der Welt und in jedem Land immer besser zu erkennen. Ausgehend von diesen neuen internationalen und nationalen Realitäten will sie Projekte aufbauen, die mit ihren Prinzipien vereinbar, aber nicht als geschlossene und definitive Modelle konzipiert sind. Unsere Projekte sind offen, der Erprobung und Berichtigung unterworfen und erhalten - dies ist die Hauptkomponente - ihre Impulse durch die gesellschaftliche Beteiligung.


Jede Alternative zum Neoliberalismus erfordert unter Berücksichtigung der Besonderheiten jedes Landes, eine effektive Wendung zu sozialer Gerechtigkeit, Gleichheit der Bedingungen und Chancen, Solidarität und Partizipation innerhalb einer gefestigten Demokratie, die in hohem Grade partizipativ ist, damit sie sich vertieft. Wir haben Prinzipien, aber keine Rezepte, um diesen Zielen nachzugehen, die tiefgreifende strukturelle, authentisch revolutionäre Transformationen erfordern. Jede linke und fortschrittliche Regierung muß in jedem Land, in jedem Bereich mit Kreativität und Beharrlichkeit eine Politik entfalten, die das Recht des Volkes sichert, sein Schicksal in die eigenen Hände zu nehmen.


Niemals war die Linke so gefordert wie heute, eine alternative Antwort zu geben. Wir haben wertvolle Regierungserfahrungen gewonnen, wir haben bedeutende Kämpfe gefördert und angeführt, und wir sind in der Anerkennung unserer Völker gewachsen, weil wir einen substantiellen Beitrag für die Errichtung einer neuen Gesellschaft leisten.



Die Alternative



Wir beabsichtigen nicht, hier alle Initiativen aufzuführen, die in ein Alternativprogramm Eingang finden sollten, noch diese ausführlich darzulegen. Doch ist es angebracht, einige der wesentlichen Elemente zusammenzufassen, die berücksichtigt werden müssen, um unseren nationalen, den Volksinteressen entsprechenden, demokratischen und revolutionären Vorstellungen eine Struktur zu geben. Die Umsetzung muß den Besonderheiten jeder nationalen Realität und den Kräfteverhältnissen an jedem Ort angepaßt sein, wobei stets die integrale Entwicklung der Persönlichkeit vergegenwärtigt werden muß.


* Es ist unumgänglich, den Prozeß der Zerstörung der produktiven Bereiche aufzuhalten, der in den meisten Ländern der Region im Gange ist. Dazu müssen die entsprechenden strukturellen, finanz- und kreditpolitischen, handels- und arbeitspolitischen Maßnahmen ergriffen werden, um die Entwicklung der verarbeitenden Industrie, der Landwirtschaft - in der häufig eine starke Konzentration des Eigentums und des Landbesitzes vorhanden ist - und in den produktiven Bereichen im allgemeinen zu fördern. Wesentlicher Teil dieser Aufgabe ist der Schutz der Umwelt und der Naturressourcen sowie die auf eine autonome, nationale und regionale Entwicklung ausgerichtete Gesetzgebung über den Außenhandel, ausländische Investitionen und die Technologiepolitik.


* Es ist notwendig, die Produktion für die Binnen- und die Außenmärkte harmonisch zu kombinieren, eine verantwortungsbewußte Haushaltspolitik anzuregen sowie eine Politik für die industrielle Entwicklung zu erarbeiten. Der Erfolg dieser Politik muß an ihrer Rolle bei der Wiederherstellung der nationalen und regionalen Produktionsketten, der Schaffung von Arbeitsplätzen, der Befriedigung der sozialen Bedürfnisse und der Herausbildung einer ausgewogenen Wirtschaft gemessen werden.


* Ein zentrales Hilfsmittel muß die Kontrolle der internationalen spekulativen Kapitalbewegungen sein. Es ist unerläßlich, für die Bildung und Stärkung von Blöcken zwischen den Ökonomien der Region zu wirken. Das Forum von Sao Paulo hat Umrisse für diese Integration dargelegt, die die einzige Möglichkeit ist, den Wirkungen der Megablöcke unter Führung der USA, der Europäischen Union und Japans entgegenzuwirken. Die Kreditbedingungen, die uns die internationalen Kreditinstitutionen auferlegt haben, sind zu überprüfen, so daß die Auseinandersetzung auf allen Gebieten geführt wird. Dabei muß man auch die Einsichten nutzen, die man jetzt von den Finanzorganisationen hören kann, wenn sie sehen, daß "das Dorf in Flammen steht".


* In den meisten unserer Länder müssen substanzielle Reformen der Steuersysteme vorangebracht werden, damit die Steuerpolitik zur produktiven Wirtschaftsentwicklung beiträgt und eine bessere Verteilung der Einkommen erreicht wird.


* Man muß Mechanismen schaffen, durch die die demokratische Beteiligung aller sozialen Akteure an den Entscheidungen und unter Wahrung der Gleichgewichte und der Achtung der Vielfalt gesichert wird. Es sind Strategien zu entwickeln, die das Nationale mit den Regionalen und Lokalen verbinden und reale Prozesse der Dezentralisierung garantieren.


* Zwischen dem öffentlichen und dem privaten Sektor müssen neue Verbindungsglieder gesucht werden. Das erfordert Umgestaltungen des Staates. Er soll sich aktiv an der Orientierung der Wirtschaftstätigkeiten beteiligen und, zusammen mit der Zivilgesellschaft, ein zentraler Akteur bei der Förderung und Verknüpfung der Sozialpolitik auf den verschiedenen Gebieten sein. Erforderlich ist eine Modernisierung des Staates, durch die die Korruption und der Klientelismus beseitigt und unsere nationalen Reichtümer vor der Privatisierung geschützt werden. Eine neue Beziehung zwischen Staat und Markt soll das Wohlergehen der Bevölkerung sichern.


* Die Neustrukturierung der Wirtschaft und ihre Ausrichtung auf eine zukunftsfähige Entwicklung, auf die Steigerung des Lebensniveaus der Bevölkerung und auf die Umverteilung des Reichtums erfordert, daß die Tendenz zur Einschränkung des Binnenmarktes umgekehrt wird. Notwendig ist eine Politik der nationalen Kontrolle der Überschüsse, die Förderung der fast erdrosselten kleinen und mittleren Unternehmen, die Schaffung produktiver Arbeitsplätze, die die ökonomisch aktive Bevölkerung aus der Arbeitslosigkeit und dem informellen Sektor zurückholen, und die Lösung der sozialen Grundprobleme.


* Unerläßliche soziale Reformen müssen angefaßt werden, auch durch Notstandsprogramme. Die Bildung, unverzichtbares Instrument für den Aufbau einer Gesellschaft mit Chancengleichheit, das Gesundheitswesen, der Wohnungsbau und die Sozialversicherung mit ihren verschiedenen Aspekten stellen andere Bereiche dar, in denen kühne, einfallsreiche, langfristige und zutiefst solidarische Initiativen notwendig sind. Dies gilt auch für ernste Probleme wie die Diskriminierung der Frau - die von einem eindeutigen feministischen Standpunkt aus angegangen und bekämpft werden muß -, die Situation der Kinder, der Rassismus, das Verbrechen und die öffentliche Unsicherheit, der Drogenhandel, die Rolle der Streitkräfte in einer demokratischen Gesellschaft.


* Die lateinamerikanischen Gesellschaften sind durch die Vielfalt der Ethnien, Kulturen und Sprachen charakterisiert. Im Hinblick darauf, ist die soziale politische und juristische Anerkennung dieser Verschiedenartigkeit, die Achtung der sich daraus ableitenden unterschiedlichen Identitäten und Rechte, innerhalb der nationalen und regionalen Einheit, ein Grunderfordernis.


* Keines dieser Ziele kann ohne eine aktive gesellschaftliche Beteiligung erreicht werden. Das erfordert die Entwicklung der Öffentlichkeitspolitik und die Förderung von kollektiven Verhaltensweisen auf allen Ebenen.


* Unser Ziel ist die Revolution, das heißt eine tiefe Umgestaltung der Gesellschaft, die sich bei Stärkung der Demokratie als wesentlicher Aspekt jedes alternativen Projekts vollziehen soll. Die Notwendigkeit der Erweiterung und Vertiefung der Demokratie in Lateinamerika und der Karibik zeigt sich täglich dringender. Das muß im wesentlichen durch Öffnung weiterer und besserer Kanäle für die Beteiligung aller Gruppen der Bevölkerung geschehen, vor allem derer, die von den Entscheidungsprozessen bisher ausgegrenzt sind. Die Höherentwicklung der Demokratie vollzieht sich, indem mehr Macht für das Volk errungen wird und die Institutionen des Nationalstaates die Entscheidungsbefugnis zurückerhalten, die es ihnen ermöglicht, ihre Funktionen der sozialen Vermittlung zu erfüllen. Die Durchsetzung und Konsolidierung eines demokratischen politisch-institutionellen Systems ist wesentlich für das alternative Projekt. Darin müssen gleichzeitig Freiheit, Gerechtigkeit und effektive Beteiligung der Bevölkerung zusammenwirken.


* Die Außenpolitik muß im Dienste der Interessen jedes Landes stehen und der Suche und Förderung von Märkten für seine Produktion dienen, immer unter Beachtung der folgenden Prinzipien: Behauptung der uneingeschränkten Unabhängigkeit der Entscheidungen, welche die Nation trifft, Solidarität mit den Völkern der Welt, Bekräftigung des Prinzips der Nichteinmischung und Selbstbestimmung, Erhaltung von Beziehungen mit allen Ländern, Demokratisierung der internationalen Organisationen, Förderung der Bildung einer Front der Schuldner, um die Probleme der Auslandsverschuldung und des ungleichen Austausches anzupacken, Unterstützung für die Initiativen, die in dieser Hinsicht auf dem Treffen in Caracas gefaßt wurden, Schutz der Menschenrechte, Initiativen an die internationalen Foren für den Kampf gegen das "Sozialdumping" und für die Verbesserung der Lebensbedingungen, Schutz der Umwelt, Unterstützung für die Abrüstung und aktives Eintreten für den Weltfrieden, Kampf für eine gerechte Weltordnung. Eine Grundlinie muß die Nichtanerkennung von Verträgen sein, die uns einseitig unter Verletzung unserer Souveränität aufgezwungen werden, in diesem Zusammenhang Ablehnung des Multilateralen Abkommens über Investitionen (MAI) und jeder Form einseitiger Handels- und lnvestitionsbedingungen.


* Das transformatorische Vermögen der demokratischen Kräfte in Lateinamerika hängt wie noch nie in dieser Epoche von ihrer Fähigkeit ab, die Interessen der großen Mehrheit der Bevölkerung wiederzugeben und ihre aktive Unterstützung zu gewinnen, sowie von ihren Impulsen für eine glaubwürdige und flexible Bündnispolitik, die breiten gesellschaftlichen Konsens ermöglicht. Das Ziel ist nicht einfach, an die Regierung zu gelangen, sondern von dieser Position aus die Gesellschaft umzugestalten. Und da dies nicht Aufgabe einiger weniger Jahre ist, sondern einen komplizierten und langfristigen Prozeß darstellt, muß die gesellschaftliche Unterstützung dafür unbedingt gefestigt und erweitert werden, um an der Regierung zu bleiben. Ein Wahlsieg und allgemein die Regierungsübernahme durch die Linken darf nicht zu einem Scheitern führen. Nach den wiederholten Fehlversuchen der Rechten steigen die Erwartungen, daß die Linke die Probleme der Menschen löst. Das kann Ungeduld und sogar Reibungen mit einer Volksregierung hervorrufen. Deshalb muß man vor der Übernahme der Regierung sehr deutlich, ohne Demagogie und ohne falsche Erwartungen zu wecken, über die Möglichkeiten, aber auch über die Grenzen und Umstände sprechen, mit denen wir es zu tun haben werden, wenn wir an die Verwirklichung unseres Projekts gehen. Es muß klar sein, daß die Auswirkungen von Jahrzehnten volksfeindlicher Politik nicht alle von einem Tag zum anderen überwunden werden können. Diese historischen Aufgaben liegen in der Verantwortung der revolutionären, demokratischen und fortschrittlichen Kräfte, und sie müssen in jedem Land entsprechend den konkreten nationalen Bedingungen gelöst werden.



* Schließlich sind wir uns bewußt, daß das alternative Projekt in jedem Land nur dann einen Durchbruch erzielen kann, wenn sich alle Völker und alle Organisationen der Linken um jenen höchsten Wert zusammenschließen: die Solidarität. Solidarität mit denen, die um Brot kämpfen, um Demokratie, um Frieden und um Gerechtigkeit; Solidarität mit denen, die der Reaktion und dem Imperialismus die Stirn bieten; Solidarität mit Kuba, das seit Jahrzehnten einer unzulässigen und unmenschlichen Blockade ausgesetzt ist; Solidarität mit den Volksregierungen auf lokaler Ebene, die in verschiedenen Städten und Regionen des Kontinents schon Wirklichkeit sind; Solidarität mit den fortschrittlichen und linken Fronten und Parteien, die in den nächsten Jahren mit Sicherheit in verschiedenen Ländern auf nationaler Ebene an die Regierung gelangen werden. Die Solidarität und Einheit der Völker und der politischen Organisationen, die sich demokratischen und revolutionären Umgestaltungen verpflichtet fühlen, ist ein weiteres großes Erfordernis, damit wir uns in dem schwierigen internationalen Umfeld einen Weg bahnen können.



Die Suche nach Lösungen und die Kämpfe vertiefen



Wenn wir die Notwendigkeit der weiteren Suche nach Lösungen anerkennen und bekräftigen, daß wir nicht beanspruchen, fertige Antworten auf alle Probleme zu haben, so können wir doch sagen, daß die Linke nicht nur einen langen Weg der theoretischen Arbeit und des Kampfes zusammen mit dem Volk zurückgelegt hat, sondern daß sie auch bereits verschiedene und erfolgreiche Regierungserfahrungen besitzt. Sie zeigen, daß es durchaus eine andere Art gibt, die Dinge zu tun. Die wachsende Volksunterstützung für die fortschrittlichen Optionen macht die Prophezeiungen der Rechten (und einiger Staatschefs) immer weniger glaubhaft, daß die Linke angeblich unfähig wäre zu regieren, ausländische Investitionen ins Land zu holen und die Kapitalflucht zu verhindern oder die wirtschaftlichen Gleichgewichte und die Sicherheit zu garantieren. Sie sind es, die gescheitert sind. Nicht wir, sondern sie haben Krisen wie die gegenwärtige entfesselt oder zugelassen. Sie sind es, die den Weg freigemacht haben für den grenzenlosen Fluß des Kapitals, die die Instabilität und Ungewißheit hervorgebracht und die sozialen Konflikte und die Konfrontationen und Kriege verursacht haben. Und auch die Korruption, ein weiteres Element, das der Politik Schach bietet und die Ethik zurückdrängt, gehört zum neoliberalen Modell.



Mit Bescheidenheit, aber mit Selbstvertrauen, mit Festigkeit, aber mit Flexibilität, unserer Prinzipien und Errungenschaften sicher, aber der Notwendigkeit bewußt, unsere Suche und unsere Kämpfe zu vertiefen, rufen wir, die Mitgliedorganisationen des Forums von Sao Paulo, die Völker Lateinamerikas und der Karibik, alle demokratischen Kräfte, alle Sektoren, die zum Dialog bereit sind, dazu auf, ihre Anstrengungen zu verdoppeln, um eine gerechtere und sicherere Welt für alle zu erreichen.



Wir grüßen alle und solidarisieren uns mit ihnen, die in allen Breiten unseres Kontinents die Hoffnung auf Veränderungen wachhalten; die Millionen, die von einem würdigen Leben ausgeschlossen sind; die Völker, die der Unterdrückung, dem schmutzigen Krieg und dem Staatsterrorismus ausgesetzt sind, wie in Kolumbien, oder die der verbrecherischen Blockade des Imperialismus die Stirn bieten, wie Kuba, oder die noch unter dem historischen Anachronismus des Kolonialismus leiden, wie Puerto Rico und die karibischen Inseln, oder die dem Mißbrauch durch herrschende Kasten, die in Korruption und Plünderung des öffentlichen Eigentums verwickelt sind, gegenüberstehen.



Wir identifizieren uns mit den Kämpfen der indigenen Völker Lateinamerikas für die Anerkennung ihrer Identitäten und Rechte. Wir solidarisieren uns auch mit dem Kampf für die Gleichberechtigung der Geschlechter, der gleichermaßen von Männern und Frauen geführt werden muß.



Wir grüßen solidarisch die Volksbewegungen und die linken und fortschrittlichen Organisationen die soziale Kampfaktionen durchführen, wie die jüngsten Streiks in Kolumbien; die Völker, die im Ergebnis von Verhandlungsprozessen gewichtige Errungenschaften erkämpft haben, wie in El Salvador und Guatemala - Errungenschaften, die ökonomisch, politisch und sozial konsolidiert und vertieft werden müssen; wir begrüßen unter Achtung der Rechte der Völker die Friedensgespräche in Kolumbien und in Chiapas; die wichtigen Fortschritte auf dem ganzen Kontinent, aus denen sich Regierungsperspektiven ergeben.


Wir grüßen das kubanische Volk, für das sich am 1. Januar 1999 die ersten 40 Jahre des Sieges seiner Revolution vollenden. Einmal mehr bringen wir unsere brüderliche Solidarität mit seinem Kampf für die Errichtung einer neuen, viel gerechteren und demokratischeren Gesellschaft zum Ausdruck.


Wir grüßen das Volk von Nicaragua und die FSLN, die am 19. Juli 1999 den 20. Jahrestag der sandinistischen Volksrevolution feiern, die einen Sieg aller Völker Lateinamerikas und der Karibik bedeutete und tiefen Widerhall auf dem Kontinent und besonders in Mittelamerika fand. Wir müssen über diesen Prozeß nachdenken, über seine Gegenwart und Zukunft.


Wir grüßen solidarisch das Volk von Mexiko und seine Linksparteien, ganz besonders die Partei der Demokratischen Revolution (PRD), den brüderlichen und gastfreundlichen Gastgeber dieses VIII. Treffens, die Genossen Cuauctémoc Cárdenas an die Regierung der größten Stadt des Kontinents gebracht und bedeutende Erfolge in anderen Teilen Mexikos errungen hat, so daß sie einen wesentlichen Wandel der zukünftigen Perspektiven dieses Landes durchsetzen wird.


Das VIII. Treffen des Forums von Sao Paulo bekräftigt die Lebenskraft und Weiterführung dieses pluralistischen, demokratischen, antiimperialistischen und solidarischen Zusammenschlusses und verpflichtet sich, den Erfahrungs- und Meinungsaustausch fortzusetzen, mit offenen Augen nach den Lösungen zu suchen, die unsere Länder brauchen, und zusammen mit jedem Volk zu kämpfen, damit der Traum der Vorkämpfer der ersten Unabhängigkeit Wirklichkeit wird und derjenigen, die - mit Che Guevara als Symbol und Beispiel - im Laufe des ganzen Jahrhunderts, das jetzt zu Ende geht, das unauslöschliche Vertrauen in unsere eigenen Kräfte aufgebaut haben.



(Zwischenüberschriften von der Redaktion)



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