POSITIONEN & THEMEN
Von Michael Graber (1.7.2008)
Die neu-alte SPÖ-Führung hat in einer abgeschmackten Aktion versucht den Eindruck zu vermitteln, sie gehöre ab nun zu den Kritikern der EU. Wie sie das macht, verstärkt allerdings nur den Eindruck, daß ihr das chauvinistische Geheul in der Krone näher steht, als die demokratische und soziale Kritik an der neoliberalen und militaristischen Ausrichtung der EU und ihrer Politik.
Die Frage, die sich nun angesichts der Aufregung in den Medien und bei der ÖVP stellt: Steht die Politik in Österreich plötzlich auf dem Kopf?
Ich halte mich da meist an die Stimmen aus der „Wirtschaft“, die immer ein gutes Gespür dafür haben, was hinter dem Rauchvorhang der Politik wirklich zu erwarten ist.
Auf der Suche nach solchen Stimmen der lezten Tage fällt mir eine kleine
Notiz in „Die Presse“ vom Samstag auf: „IHS/Wifo – Chefs beruhigen“.
Dann heißt es: „Der Chef des Instituts für Höhere Studien, Bernhard
Felderer, sieht den SPÖ-Schwenk undramatisch: Die SPÖ ist eine
EU-freundliche Partei, viele in der SPÖ sind begeisterte Europäer
“.
Das IHS steht bekanntlich den Unternehmerverbänden nahe. Damit sagt Felderer
auch indirekt, was er von der Aufregung der ÖVP hält.
Und weiter wird Wifo-Chef Karl Aiginger, der mit dem Beginn der schwarz-blauen Koalition aus der ÖVP ausgetreten ist, mit dem Satz zitiert, daß er überhaupt keinen Schwenk der Pro-Europa-Haltung der SPÖ sehe.
Bemerkenswert ist auch der Kommentar der „Presse“ vom gleichen Tag: „Österreichs Politiker haben es in dieser Disziplin der gespaltenen Zunge zu einer gewissen Meisterschaft gebracht … Auch in den meisten anderen Mitgliedsstaaten wird die EU mittlerweile fälschlich als übermächtig wahrgenommen, weil großen Teilen der Bevölkerung eines bewußt diskret verschwiegen wird: Dass ihre eigene Regierung bei EU-Entscheidungen eine viel wesentlichere Rolle spielt als etwa das Verwaltungsorgan der EU, die EU-Kommission … Sie ist der perfekte Buhmann für Entscheidungen, die zwar dem eigenen Land (bzw. dessen Konzerne M.G.) dienlich, jedoch bei der Bevölkerung höchst unpopulär sind …“. „Die Presse“ unterscheidet da nicht zwischen SP und VP-Regierungspolitikern. Wir auch nicht.