POSITIONEN & THEMEN
Von Walter Baier (2.9.2008)
Grobe Worte. Schlechte Strategie. In dieser Formel, mit der Barack Obama die Außenpolitik seines Kontrahenten Mc Cain charakterisiert, lässt sich die Russlandpolitik der EU zusammenfassen. Da braucht man gar nicht über ein kleines Licht wie den ÖVP-EU-Parlamentarier, Othmar Karas reden, der von einer „robusten Antwort“ an die Adresse Russlands delirierte. Auch der gestern abgehaltene EU-Sondergipfel zur Kaukasus-Krise ist nicht mehr als Symbolismus ohne Substanz.
Dass Russland sich Besseres als die jetzt herrschende Oligarchie verdient hat, ist wahr. Doch in der Politik, und namentlich in einer Außenpolitik, die auf friedliche Nachbarschaft zielt, sollte von Realitäten ausgegangen werden. Sei es aber aufgrund der absoluten Ahnungslosigkeit, die zur Zeit die USA regiert oder aufgrund des Revanchismus ihrer neuen besten Freunde in Osteuropa, die NATO-Politik gegenüber Russland ist vor allem Eines; unrealistisch. Im Widerspruch zu den seinerzeitigen Abmachungen wurde die NATO an die russische Westgremze herangeschoben, wird nun eine neue Generation von strategischen Abwehrraketen in Polen und der tschechischen Republik stationiert und liegen US-Stützpunkte in der russischen Südflanke. Diese Politik ist so irreal, wie sie gefährlich ist. Sie kann in Moskau gar nicht anders als zu einem Bild der Einkreisung zusammengefügt werden. Bedenkt man weiters, dass durch die einseitige Anerkennung des Kosovo gerade jenes völkerrechtliche Regelwerk aufgehoben wurde, mit dem man vor 30 Jahren Russalands Sicherheit international garantierte, kann man sich die Lagebeurteilung ausmalen.
Offensichtlich sehen sich die Dirigenten der EU nun vor einem Dilemma. Während auf der einen Seite die USA auf Vasallentreue, wie im Falle des Kosovo drängt, verlangt der politische Sachverstand, alles zu unterlassen, was von Russland als weitere Feindseligkeit interpretiert werden müsste. Vom Capitol Hill aus betrachtet mag es – im Vergleich zu Öl- und Pipeline-Interessen – nur ein nebensächlicher Aspekt sein, in Brüssel müsste es aber die entscheidende Maxime der Politik bilden, dass europäische Sicherheit niemals gegen Russland sondern nur mit Russland funktionieren kann.
Die sich daraus ergebende Herausforderung ist nicht durch einen improvisierten Krisengipfel zu bewältigen, der eine nicht vorhandene politische Handlungsfähigkeit simulieren soll. Sie erfordert, dass sich die EU aus dem Kuratell befreit, unter das sie die NATO und die USA gestellt haben. Das verlangt eine andere Politik und andere PolitikerInnen.