POSITIONEN & THEMEN
Von Michael Graber (20.4.2010)
Die tieferen Ursachen der Krise nicht nur Griechenlands, sondern auch der anderen Länder, deren Wirtschaftskraft aus historischen Gründen schwächer ist, als die der ehemaligen Hartwährungsländer Mittel- und Westeuropas, kann aber mit der jetzt geforderten Budgetdisziplin, das heißt mit der hinter dem Euro stehenden neoliberalen Wirtschafts- und Finanzpolitik nicht überwunden werden. Eine solidarische Wirtschaftspolitik in Europa braucht andere Instrumente.
Die Rettungsaktion der EU, so wie sich derzeit darstellt, hat zwei Ziele: noch mehr aus dem griechischen Volk herauspressen und zweitens daran verdienen. Die Hilfsaktion besteht aus Krediten, die mit 5,1 Prozent verzinst werden sollen. Auch die eventuellen Kredite aus Österreich. Wo kann der Finanzminister noch solche Erträge lukrieren?
Gleichzeitig putzt sich Herr Pröll an Griechenland ab und stellt das Land als warnendes Beispiel heraus, wohin Österreich gelangen könnte, falls nicht seine Spar- und Steuerphantasien umgesetzt werden.
Doch davon kann keine Rede sein. Österreichs Budgetdefizit ist in der Krise natürlich gewachsen, liegt aber im europäischen Vergleich im guten Mittelfeld. Selbst bei einem Anwachsen des Defizits auf 80 Prozent des BIP liegt Österreich noch immer unter dem Durchschnitt der EU.
Es besteht also kein Grund zur Panik. Und die Zinsen sind derzeit so niedrig, daß die zusätzliche Zinsbelastung nicht das vordringlichste Problem der Budgetpolitik darstellt.
Das vordringlichste Ziel ist der Kampf gegen die Arbeitslosigkeit durch öffentliche Invstitionen, die Sicherung der Kaufkraft durch die Sicherung der sozialen Stabilisatoren, der Pensionen und die Armutsbekämpfung.
Die Regierungen der EU haben aber anderes beschlossen. Ab 2011 soll konsolidiert werden. Nein nicht die Konsolidierung dieser Ziele ist gemeint, sondern der Budgets, obwohl von einer Überwindung der Wirtschaftskrise und ihrer sozialen Folgen keine Rede sein kann. Und da braucht der Finanzminister (und nicht nur er) neue Argumente, um auch aus der österreichischen Bevölkerung mehr herauszuholen.
Was außerdem noch gern unter den Tisch gekehrt wird, ist, daß die Rettungsaktion für Griechenland eigentlich eine Rettungsaktion für europäische Großbanken darstellt, die dutzende Milliarden griechische Wertpapiere halten und die von der griechischen Regierung bedient werden müssen. Wäre das nicht so, gäbe es keine Rettungsaktion. So fließen die Kredite, werden sie denn tatsächlich vergeben, umgehend an die europäischen Großbanken zurück, darunter auch an österreichische.
Denn systemrelevant ist nicht das griechische Volk, sondern sind bekanntlich die Banken.
Und für die Erfinder dieses Kreislaufs gilt die Unschuldsvermutung.