KOMMUNISTISCHE PARTEI ÖSTERREICHS

Schande

Von Mirko Messner (14.7.2015)

Es ist eine Schande für das, was sich Europa nennt: Nach fünf Monaten Widerstand der Tsipras-Regierung wurde dieser vom deutsch dominierten EU-Rat und der Euro-Gruppe die Pistole an die Schläfe gesetzt; für die Freigabe eines dritten »Hilfspakets« wurden ihr Bedingungen diktiert, die der Übernahme einer Vormundschaft durch die deutsche Regierung im Gewand der EU-Institutionen nahekommen. Und es ist eine Schande für viele europäische sozialdemokratische Parteien, vor allem für die deutsche, die sich in den letzten Wochen als aggressiver Bodyguard des herrschenden bürgerlichen Blocks in der EU profiliert hat.

Zwar haben zu diesem Zeitpunkt weder nationale Parlamente ihr OK dazu gegeben, noch hat das griechische Parlament sein Votum gefällt. Aber wahrscheinlich wird es dem Diktat zustimmen, unter dem Druck der Verzweiflung angesichts des um sich greifenden humanitären Notstands, leerer Bankomaten und geschlossener Banken. Ob es den »Partnerregie­rungen« in der EU gelingen wird, auf diese Weise Syriza in den kommenden Tagen und Wochen zu zerbrechen und ihr Ziel zu erreichen, die einzige linke Regierung in der EU zu beseitigen, ist offen.

Tsipras und die Syriza-Regierung haben versucht, dem Auftrag der großen Mehrheit der griechischen Bevölkerung – Nein zum Verarmungs- und Enteignungsdiktat ohne Ausstieg aus der Euro-Zone oder gar der EU – nachzukommen. Der Versuch, diesen Spagat angesichts eines 18:1-Verhältnisses zu vollziehen, hat zunächst einmal mit einer Niederlage geendet; die Alternative – einen Ausstieg aus der Eurozone zu wagen – konnte in der kurzen Zeit seit der Übernahme der Regierungsveran­twortung weder fiskalisch noch ökonomisch, sozial und politisch vorbereitet werden, ganz abgesehen davon, dass er in der derzeitigen Situation den Nationalisten und jenen in Europa in die Hände gearbeitet hätte, die nichts mehr wünschen als eine Isolierung des griechischen Widerstands – und vorsorglich auch möglicher weiterer linker Regierung in Spanien oder Portugal – in oder außerhalb der EU.

Eines darf ja angenommen werden: Der Kampf gegen die Austeritätspolitik ist mit Sicherheit nicht zu Ende – egal, wie die anstehenden Entscheidungen einiger nationaler Parlamente ausgehen, ob Griechenland doch zum Ausstieg aus der Eurozone gezwungen wird oder nicht. Im Gegenteil: Der Widerstand der griechischen Linken hat viele Menschen in ganz Europa bis hinein in bürgerliche Kreise, Bewegungen und Parteien erkennen und spüren lassen, was der Krieg der herrschenden Klasse für den neoliberalen Umbau Europas konkret bedeutet, und mit welcher Verbissenheit und stupiden Aggressivität ihre Biedermänner und Biederfrauen bereit sind, ihn zu führen. Das »griechische« Problem war seit Anbeginn ein europäisches. Das ist es heute mehr denn je. Risse im Verbund der 18 sind sichtbar geworden. Die Nachdenklichkeit in Europa ist gestiegen, die Widerstandsbe­reitschaft auch. In der OXI-Woche haben in Europa 200.000 Menschen in 150 Städten demonstriert. Das ist ein Anfang; der offene Brief des Europäischen Gewerkschaftsbunds an die Entscheidungsträge­rInnen in Europa gehört dazu.

Die in den letzten Wochen und Monaten geübte Solidarität war wahrnehmbar, auch wenn sie vielerorts nicht über symbolische Bedeutung hinauskam. Sie hat aber jene Menschen beflügelt, die sich eine breite, konsequente linke Opposition auch hierorts wünschen, auf der Straße und im Parlament – auch wenn es derzeit noch nicht gereicht hat, genügend Druck auf die Regierung auszuüben. Die paar netten Worte über Griechenland, zu denen sich unser sozialdemokra­tischer Kanzler hinreißen ließ, wirken zynisch angesichts der Tatsache, dass er in der Sache selbst an einem »Kompromiss« mitgewirkt hat, der einen Hohn auf den Begriff des Kompromisses darstellt.

Unsere Solidarität mit Syriza ist ungebrochen, und wir hoffen, dass diese in der Lage sein wird, dem Druck von außen und von innen standzuhalten und Zeit zur Konsolidierung zu finden.

Dazu auch:

Giorgis Chondros im Interview, 13.7.2015, ORF ZIB 2

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