KOMMUNISTISCHE PARTEI ÖSTERREICHS

Offener Brief an MEP Hannes Swoboda

Von Günter Hager-Madun (28.4.2008)

Sehr geehrter Herr Dr. Swoboda, eben hat mich die folgende Meldung von Markus Stradner, dem Pressesprecher der SP-Fraktion im EP erreicht: „Es muss Aufgabe des neuen Europas sein, soziale mit wirtschaftlichen Rechten gleich zu stellen. … Nicht einmal Mindestnormen, wie eine europäische Leiharbeitsrichtli­nie wurden in das Programm, über das gestern abgestimmt wurde, aufgenommen. Mit dem Primat der Wirtschaft über das Soziale wird in Europa nicht nur die Armut unter den am stärksten von Lohneinbußen Betroffenen ansteigen, sondern auch die Mittelschicht langsam aber sicher zu leiden haben (Zitatende MEP Harald Ettl)“.

Wir versuchen seit Monaten Ihren ParteikollegInnen klar zu machen, dass die durch den Reformvertrag in den Verfassungsrang erhobene Binnenmarkt- und Wettbewerbsdoktrin genau das verhindert, was Sie und Ihr Kollege Ettl fordern. Weil dadurch den Interessen der Finanzmarktakteure und transnationalen Konzerne Vorrang vor den BürgerInnenin­teressen eingeräumt wird. Die KPÖ betont das schon seit Jahren. Deswegen hätten alle, für die soziale Fragen mehr als billige Alibiforderungen sind, den Reformvertrag ablehnen müssen. Dann hätte der Rat etwas von seinen BürgerInnen und deren VertreterInnen gebraucht. Das wäre die Chance gewesen, eine Umkehr der falschen Grundausrichtung der EU auf demokratische Weise einzufordern. Damit die Wohlfahrt der Menschen wieder zum obersten Prinzip und die Herrschaft der Demokratie über die Wirtschaft wieder hergestellt wird. Von sich aus wird das der Rat mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ohne „Aufstand“ nicht tun – wie das Jean Claude Juncker formuliert hat.

Und dann gehen Sie einen Tag nach der Ratifizierung im österreichischen Bundesrat mit sozialen Forderungen an die Öffentlichkeit und beschweren sich darüber, dass die anderen Parteien dabei nicht mitgehen. Obwohl aufgrund der Zustimmung Ihrer Fraktion zum Reformvertrag solche Bemühungen völlig sinnlos sind. Vor zwei Jahren hat Alfred Gusenbauer in einem Falterinterview noch gesagt: „Wir werden uns die Bevormundung der Konzerne nicht gefallen lassen – und wenn wir die Einzigen sind.“ Schon verständlich, dass der Gruppendruck im Rat schwer auszuhalten ist. Aber er wurde von den Menschen ja nicht gewählt, um Wahlwerber für Molterer und Pröll zu sein …

Weil die Binnenmarkt- und Wettbewerbsdoktrin die oberste Leitlinie der EU geblieben sind, würden selbst einstimmige Beschlüsse des EP wirkungslos bleiben. Weil das Parlament kein Initiativrecht hat. Da sich die mit dem Initiativmonopol versehene Kommission als Exekutor der Binnenmarkt- und Wettbewerbsdoktrin versteht, sind ähnliche Forderungen das Papier nicht wert, auf dem sie geschrieben sind. Ganz abgesehen davon, dass das Parlament wohl bei vielen Dingen – ausgenommen Sicherheitsfragen – mitreden darf, aber ohne Zustimmung des Rates überhaupt nichts durchsetzen kann. Es kann doch nicht sein, dass Sie das alles nicht wissen?

Aber vielleicht liegt es daran, dass Sie eine Brille mit einem rosa Rahmen tragen und keine rote. Mein Vorschlag: Versuchen Sie es einmal mit einer Roten. Vielleicht werden Sie dann wieder der Sozialdemokrat, als den ich und viele andere Sie schätzen gelernt haben.

Mit freundlichen Grüßen, Günter Hager-Madun, Aktivist der Plattform Volxabstimmung

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