KOMMUNISTISCHE PARTEI ÖSTERREICHS

Bluten für die Banken?

Foto: http://inter.kke.gr/

Von Walter Baier (6.5.2010)

Während die österreichische Regierung mit großer Geste ihre 2,3 Milliarden Euro schwere Beteiligung an den Krediten für Griechenland absegnet, planen Feymann und Pröll, nach den steirischen und Wiener Wahlen im Herbst ein Belastungspaket, das seinesgleichen in der Geschichte der Zweiten Republik sucht. Sowohl im griechischen wie im österreichischen Fall, geht es um das Selbe: Durch Lohnsenkungen, Abbau des Sozialstaats, Erhöhung der Massensteuern und Verschlechterungen in der Daseinsvorsorge die Hunderten Millionen Euro abzuzocken, die man in der Krise meinte, den Banken zur Sanierung nachwerfen zu müssen. Dieselben Banken, die jetzt gegen Griechenland, Portugal und andere Mitgliedsstaaten der EU spekulieren. „If they can make it there, they can make it anywhere ”

Im Folgenden neun Thesen, die eine andere Perspektive auf das Problem werfen.

1. An eine Rückzahlung der griechischen Staatsschuld ist nicht zu denken. Das ist seit Bekanntwerden des wahren Ausmaßes klar. Wenn man weiß, dass für die, zu angeblich günstigen 6,38 Prozent, im März aufgenommenen fünf Milliarden Euro bis ins Jahr 2020 mit Zinsen und Zinseszinsen 9,5 Milliarden zu zahlen sein werden, leuchtet das sofort ein.

Es geht nicht um das Ob, sondern nur um das Wann und das Wie einer Entschuldung. Eine Abschreibung der Schulden um 20 oder 30 Prozent ist in Diskussion. Selbst das ist aber illusorisch: Bei den 13 staatlichen Zahlungsausfällen zwischen 1998 und 2008 lagen die Quoten bei 50 Prozent. Trotzdem sind die Gläubiger an der Aufrechterhaltung des gegenwärtigen Zustands interessiert, weil sie daran gut verdienen, je länger desto mehr.

2. Über das strukturelle Problem, das darin besteht, dass einzelne EU-Staaten, vor allem auch Deutschland und Österreich mit kontinuierlicher Absenkung der Lohnstückkosten – man spricht von zwanzig Prozent in den letzten Jahren – die griechische Wirtschaft nieder konkurriert und aus den Märkten gedrängt haben, war in letzter Zeit da und dort die Rede. Wir sollten das nicht nur „makroökonomisch“ sehen. Was sich österreichische Arbeiter und Angestellte in den letzten zehn Jahren gefallen haben lassen, haben ihre griechischen Kollegen verweigert. Dafür bestrafen sie nun die Finanzmärkte.

3. Ziel bei der Einführung der Währungsunion war es aber von allem Anfang gewesen, den gesamten ökonomischen Anpassungsdruck auf die Lohn- und Einkommenspolitik zu richten. Lohnverzicht für Jobs, lautete die Devise. Statt die Wirtschaften vor der Spekulation zu schützen, liefert die Währungsunion diese ihr vollständig aus. Jetzt richtet sich die geballte Macht von Finanzmärkten und Regierungen gegen diejenigen Länder, in denen Widerstand geleistet wurde. Was wir erleben, ist daher in erster Linie auch als ein großangelegter Einschüchterungs- und eine Strafexpedition von EU, Regierungen und Finanzmärkten – mit gesamteuropäischer Dimension zu sehen.

4. Die griechischen Sozialausgaben belaufen sich auf 60 Prozent der gesamten öffentlichen Aufwendungen. Das ist es, was als „über die Verhältnisse leben“, bezeichnet wird. Notorische Ineffizienz und Korruption der griechischen Verwaltung sind wohl eine Realität. Wer aber in der EU wollte da den ersten Stein werfen? Österreich? Ein Aspekt des Problems besteht allerdings darin, dass die diversen griechischen Regierungen die sozialpolitischen Zugeständnisse, zu denen sie durch sozialen Widerstand gezwungen waren, nicht durch Umverteilung, das heißt durch eine Belastung des Kapitals finanziert haben, sondern durch Verschuldung. Auch dafür ist aber nicht allein der Opportunismus der Regierungen verantwortlich zu machen, sondern der EU-Binnenmarkt. Statt gemeinsame Mindestsätze bei der Kapitalbesteuerung einzuführen, zwingt er die einzelnen Volkswirtschaften zu einem Wettlauf beim Steuerdumping. Auch in dieser Hinsicht ist die griechische Krise Resultat der Fehlkonstruktion der EU.

5. Die Verschuldung Griechenlands und anderer hat in der Tat ein in den gegebenen Rahmenbedingungen verantwortbares Ausmaß überschritten. Dafür ist die Regierung des Landes verantwortlich. Nicht weniger aber als diese sind es die Banken, die das Geld zu steigenden Zinsen ausgeliehen haben. Diese mögen sich gedacht haben, dass die EU Griechenland schon nicht hängen lassen wird. Nur, der Maatricht-Vertrag sieht bekanntlich Anderes vor, und so handelt es sich um den klassischen Fall einer Fehlspekulation, für den die Gläubiger gerade zu stehen haben. Um deren „unternehmerisches“ Risiko, das sie sich mit entsprechend hohen Zinsen abgelten ließen, geht es. Im Grunde stehen wir auch im griechischen Fall vor einer Spekulationsblase. Daher sind es aus einer linken Perspektive auch die Gläubiger, die vor allem, die in die Verantwortung zu nehmen sind, weil sie bislang an der griechischen Staatsschuld exzellent verdient haben.

6. Scheinbar befindet sich die EU bzw. die Regierungen in einer Doppelmühle: Sie können Geld in die Hand nehmen, um Griechenland zu sanieren. Diese „Sanierung“ heißt, dass Griechenland das Geld 1: 1 an die Banken weiterreicht. Indirekte Bankensanierung. Geschieht das, so werden sich die Finanzmärkte auf das nächste Opfer stürzen. Ein Fass ohne Boden. Oder Griechenland erklärt einseitig einen Zahlungsstopp, dann müssen EU und Regierungen Geld in die Hand nehmen, um die betroffenen Banken zu sanieren. Auch das droht sehr bald an die Grenzen der Finanzierbarkeit zu stoßen, macht aber auch sichtbar, worum es tatsächlich geht: Um einen Banken „Bail Out“.

7. Die Aufgabe kann daher nicht darin bestehen, Griechenland besser zum Schuldendienst gegenüber den Finanzmärkten zu befähigen, sondern Europa vor den Finanzmärkten zu schützen. Dazu bedarf es des politischen Willens. So wäre eine durchaus plausible Lösung, eine durch die EU politisch akkordierte Entschuldung vorzunehmen. Soweit es um die negativen Effekte auf die Gläubigerbanken geht, so sollte man sich an den Bankensektor selbst halten. Man könnte etwa einen durch eine Bankenumsatzsteuer vom gesamten Sektor finanzierten, öffentlichen Fonds einrichten, um diese abzufangen. Das heißt, es geht nicht einfach um „tax payer's money“ (Geld der Steuerzahler), sondern darum, für den Schaden diejenigen haftbar zu machen, die an ihm direkt oder indirekt verdient haben. Eine weitere sinnvolle Alternative wäre auch die Übernahme der betroffenen Banken in öffentliches Eigentum unter demokratischer Verwaltung.

8. Das Internet hat den Finanzmärkten eine ungeheure Beschleunigung erlaubt. Die Wiedererlangung einer Souveränität über die Zeit, wird zu einer Kernfrage der Demokratie. In diesem Sinn macht ein Moratorium (ein vereinbarter Zahlungsaufschub), das jetzt immer stärker in der Diskussion der Experten eine Rolle spielt, durchaus Sinn. Die griechische Regierung hätte, nachdem sie offensichtlich von den Finanzmärkten nichts mehr zu erwarten hat, ein starkes Argument, einen einseitigen Zahlungsstopp zu erklären. Die betroffenen Banken hätten vor diesem Hintergrund jedes Interesse, einer Lösung zuzustimmen, die es ermöglicht, ein kurzfristiges Abschreiben der Titel zu vermeiden. Die EU sollte ein solches, sagen wir drei- oder fünfjähriges, Moratorium verlangen bzw. mit Griechenland und den Gläubigerbanken verhandeln. Abgesehen davon, dass dies einen Spielraum für eine wirtschaftliche Erholung öffnen würde, könnte es auch eine Methode zum Umgang mit den heraufdräuenden anderen Schuldenkrisen sein. Stimmen die Banken nicht zu, so wäre „Plan B“ ein von der EU akzeptierter – zeitlich befristeter – einseitiger Zahlungsstopp.

9. Was wir erleben, ist eine sozialpolitische Offensive gegen die griechische Bevölkerung, und ein Einschüchterungs- und Disziplinierun­gsversuch im europäischen Maßstab. Man soll das politische Risiko nicht unterschätzen, das bis zur Verhängung eines Ausnahmezustands reichen kann. Doch sollten wir einen weiteren Aspekt nicht übersehen: Der „Fall Griechenland“ ist der ideologische Gegenschlag nach dem moralischen Waterloo, das der Neoliberalismus mit der Finanz- und Wirtschaftskrise erlebt hat. Wird hier nicht augenscheinlich demonstriert, wie unverantwortlich der Staat mit „unserem“ Geld umgeht? Zugegeben nicht jeder Staat, aber der der „verantwortun­gslosen, faulen“ Südeuropäer …? So wird zum neoliberalen Anti-Staats-Argument gleich der chauvinistische Unterton mitgeliefert.

Auch aus dieser Sicht, glaube ich, ist notwendig, die tatsächlich Verantwortlichen, die Finanzmärkte und die Gläubiger ins Licht der öffentlichen Aufmerksamkeit zu rücken.

Aktuelles:


KPÖ Oberösterreich: Jetzt Unterstützungserklärung unterschreiben!
(14.7.2021)

...mehr


Die Europäische Linke fordert einmal mehr das Ende der Blockade gegen Kuba
(13.7.2021)

...mehr


Die neue Juli Volksstimme 2021 ist da!
(13.7.2021)

...mehr


KPÖ Graz: Unsere Kandidatinnen und Kandidaten für Graz
(10.7.2021)

...mehr


38. Parteitag der KPÖ: In der ältesten Partei Österreichs übernehmen Junge das Ruder
(21.6.2021)

...mehr

Volksstimme - Politik & Kultur - Zwischenrufe links